Mexico - Kuba - Cayman
Ende Oktober 2019
Wunder geschehen!
Nach der Hurrikansaison zurück im mexikanischen Puerto Aventuras präsentierten die Mechaniker stolz den komplett überholten Motor! Welch Wunder, alles funktionierte, die Probefahrt verlief zur Zufriedenheit aller: Käpt´n, Mechaniker, Hafenmeister - alle klopften sich auf die Schulter!
November 2019
Endlich wieder hinaus aufs Meer
Was kann es größeres geben: aus eigener Kraft den Hafen zu verlassen, mit vollen Backskisten und fröhlicher Zuversicht die Segel zu hissen und hiaus aufs Meer zu segeln.
Allerdings ersteinmal in kleinen Schritten - zur nahegelegenen Insel Cozumel und dann weiter zur nödlich gelegenen kleineren Schwester Isla Mujeres.
Dort legten wir uns in eine geschütze Bucht, um auf den richtigen Wind zu warten, der uns gen Osten pusten sollte. Zwar mussten wir uns in Geduld üben, aber Langeweile kam nicht auf.
Wir stürzten uns ins pralle Touristenleben der Insel, kehrten dem wirklich bilderbuchmäßig mit ganz feniem weißen Sand ausgestatteten, aber rappelvollem Strand den Rücken und erkoren eine kleine Strandbar zu unserem Stammlokal.
Wie alle Touristen mussten wir uns unbedingt eine Golfkarre mieten und alle Ecken und Winkel der Insel erkunden. Atemberaubend der Blick von den Klippen an der Südspitze auf die Rifflandschaft und die Wahnsinns-Meeresfarben.
Nach reichlich einer Woche mit Wind aus Ost, drehten die Windpfeile in der Vorhersage nach Nord, sogar leicht Nordwest. Wozu noch länger warten? - Wir klarierten aus und zogen spätnachmittags den Anker.
Märchenhaft
Als Mujeres im letzten Büchsenlicht verschwand, zog dunkle Nacht auf - eine Neumond-Nacht.
Sterne über Sterne glitzerten am Himmel, unglaublich! Und als ob dieses Glitzern nicht genug wäre, begann auch das Meer zu leuchten. Nur der Wind war unbeeindruckt von diesem Schauspiel. Er schlief.
Igendwann rekelte er sich und ganz sanft nahmen wir Fahrt auf. In der zweiten Nacht gabs Glitzer in zweiter Auflage und dazu ein Karamelzuckerduft - Kuba schickte schon einen süßen Gruß übers Meer.
Allerdings mussten wir weiter und weiter an der Südküste der kubanischen Insel Juventud entlang, denn der erste Punkt, an dem es erlaubt ist, einzuklarieren ist die Insel Cayo Largo. Also noch eine dritte Segelnacht, bevor wir morgens zu behördlich angemessener Zeit in die komplett leere Marina einfuhren.
Da werden dann sogar die Leinen abgenommen, damit selbst der Steg nicht betreten werden muss, bevor der Amtsdoktor einen sorgsam-freundlichen Blick auf uns geworfen hatte. Dann ging aber alles recht zügig und sehr fröhlich. Kurz darauf standen wir schon im Büro von Hafenmeister Piri mit seinem Altar aus Erinnerungen, wie russische Kapitänsmütze und Foto von Romy Schneider. Die junge Assistentin kicherte, als sie uns ihren Namen nannte - ja ein deutscher, das wüsste sie, aus einem Märchen: Gretel.
Und eigentlich ist ganz Cayo Largo wie ein Märchen, fern von der realen Welt. Bei unserem ersten "bucanero" an der leeren Hafenbar erzählte uns die Bedienung, dass nur Kubaner, die hier arbeiten, Zugang zur Insel haben - 20 Tage Arbeit, 10 Tage Urlaub. Überhaupt schienen alle nur für uns da zu sein, in Bank mit zahllosen Angestellten, Postbüro, Touristenshops, Konsum, in der Piraten-Taverne.
Erst am Abend tauchten ein paar Touristen auf, die mit einer Minifähre vom Playa Sirena auf Durchfahrt zum Hotel am anderen Inselende waren.
Am nächsten Abend ankerten wir vor diesem märchenhaften Strand mit Sand so fein wie Mehl, mit Palmenwedeln vor untergehender Sonne und sundowner-Baden in badewannenwarmem, kristallklarem Meer.
Und wir zwei ganz allein!!
Fast wie im Märchen: Eines Tages lag in der Marina ein deutsches Boot, wir klopften und ein Kopf erschien, der uns irgendwie erinnerte... da leuchteten schon die Augen aus dem Gesicht und wir lagen uns in den Armen. René aus Stralsund, vor zwölf Jahren unser Retter bei einem missratenen Anlegemanöver. So lernten wir ihn kennen, jetzt stand er vor uns! Welche Wiedersehensfreude!
Dezember 2019
Kuba light
Nach einem herrlichen Adventsfrühstück mit René machten wir uns auf den Weg nach Trinidad. Nach einer dieser ungeliebten Segelnächten mit Squals ohne Ende erreichten wir am nächsten Morgen die Bucht, in der einst die Zuckerschiffe beladen wurden. Nun kam uns nur ein Touristenkatamaran entgegen und einer ohne Touristen. Der passte nur auf. Tarnung: eine Piratenflagge. Als wir den Anker draußen hatten, hielt er auf uns zu und brachte tatsächlich einen Beamten zum Einklarieren zu uns an Bord - unter der Flagge der Piraten! Kurios!
Übrigens befand dann seine Wachablösung offenbar, dass wir doch mit unseren Papieren an Land müsten, um den richtigen Stempel auf unseren Laufzettel zu bekommen.
Dann aber stürzten wir uns in die Altstadt von Trinidad, einem wahren Freilichtmuseum. Wir balancierten auf dem Kopfsteinpflaster, schauten durch die riesigen Bogenfenster mit verzierten Gittern in die Wohnzimmer mit vergangenem Charme, drehten uns nach Reitern und Pferdefuhrwerken um. Lächelten auf Türschwellen hockenden, zigarrerauchenden alten Männern zu und grüßten junge Mütter, die ihre Kinder hinter sich her zogen. Und vor allem blieben wir immer da stehen, wo sich ein paar Musiker im Schatten niedergelassen hatten und diese wundervollen kubanischen Klänge zu Gehör brachten. Wir stiegen auf einen Turm, um das Ganze von oben zu begucken und gleich noch festzustellen, dass unser Boot in weiter Ferne noch immer einsam in der Bucht schaukelte.
Wir befanden, hier müssen wir unbedingt noch mal her - mit Uta. Friedrichs Tochter wollte ihre Weihnachtsferien bei uns an Bord verbringen.
Kuba real
In Cienfuegos angekommen, mussten wir erst einmal auf Nahrungssuche gehen. Bisher hatten wir ausser Brötchen, Eier und Havanna Club nicht wirklich etwas bekommen. Hier in Cienfuegos, einer großen Industriestadt war auch schon bei unserem letzten Besuch die Versorgungslage extrem besser als überall sonst. Aus Erfahrung heraus nahmen wir gleich zum Sightseeing Rucksäcke mit. Bei jedem fliegenden Händler hielten wir an und ergatterten alles mögliche an Obst und Gemüse. Nur keine Kartoffeln. In der Markthalle wurden wir im Flüsterton angesprochen, hinter einen Stand in die dunklen Vorratsräume geführt. Da lagerte alles, was das Herz begehrte. Auch die für den Käpt´n so überlebenswichtigen Knollen.
In einer der Seitenstraßen duftete es unwiderstehlich nach frischem Brot. Eine Schlange zeigte, wo es verkauft würde. Also stellten wir uns an. Ein Mann tippte Claudia an: "Ultimo?" Ja, wir waren die letzten. Die Frage gehört zum kubanischen Schlangestehen. Endlich kam aus der Backstube ein Etagenwagen gerollt und der Verkauf begann. Kaum auf der Straße begannen wir schon an dem warmen Brot zu knabbern, sehr zur Verwunderung der Einheimischen. So ausgehungert waren selbst sie nicht, aber für uns war es seit Oktober in Deutschland das erste frische, lecker schmeckende Brot.
Ganz zufrieden liefen wir zurück in die Marina. Doch dort traf uns wieder unser Ungemach. Wir wollten vor Cienfuegos eigentlich ankern. Als wir das nach unserer Ankunft taten, rief uns die Hafenkapitänin recht unwirsch über Funk an, sofort anzulegen - um uns dann zu eröffnen, dass die Ankerzone geschlossen sei. Allerdings seien die Marinagebühren in voller Höhe zu entrichten. Ärgerlich, ankern kostete nämlich nur ein Drittel, während der Preis der staatlichen Marinas durchaus mit einer 5-Sterne-Einrichtung in Deutschland konkurrieren konnte.
Dafür hatte dann auch keiner was dagegen, dass wir den mit Möwenschiet besprengelten Steg scheuerten, die sogenannten Sanitäreinrichtungen ignorierten und lieber an Bord duschten, bei Wasserbedarf zum Wäschewaschen zig mal den Hafenkapitän belästigten, dass er mal das Wasser anstellen möge.
Nach fünf Tagen sickerte die freudige Nachricht durch, dass irgendein Übergeordneter das Ankern frei gegeben hätte. Endlich konnten wir den Möwenschietplatz verlassen.
Utas Mängelliste
Mitte Dezember, Weihnachtsurlaubszeit in Deutschland und Uta auf dem Weg nach Havanna.
Wir holten sie dort vom Flughafen ab. Totaler Wahnsinn! Alle Exilkubaner schienen genau zu diesem Zeitpunkt angekommen zu sein. Fahrrad-Decken, Felgen, Kinderdreiräder, Giga-Flachbildschirme, Kartons, Kisten, Säcke - was da aus der Abfertigung herausgeschleppt, gezerrt wurde - unglaublich. Dazwischen Uta mit einem Sonnenpanel für uns. Fünf Stunden nach Landung und 100 Euro leichter verließ sie als letzte vor der Schließung des Terminals den Zoll. Dann noch 3,5 Stunden Taxifahrt über die ruinösen nächtlichen Landstraßen, bis wir sie samt Gepäck im Schlauchboot hatten und zur EDEN übersetzen.
Dann begannen Utas Ferien.
Aber wie Gäste an Bord nun mal sind, hinterließ sie uns folgende Mängelliste.
...immerhin hätte sie ja 5-Sterne gebucht :-)
Dabei hatten wir alles, wirklich alles aufgeboten: Extra ein tolles Oltimertaxi besorgt, tagelang Kontakt zu einer Marktfrau aufgebaut, die uns exotische Früchte organisierte. So gar den Wind äußerst abwechslungsreich bestellt - mit Flaute, Starkwind, Gegenankreuzen - alles, nur nicht sanfte Brise... wir hatten jede Menge Spaß und Uta hat alles genossen (wir auch) und noch viel mehr: Drachensteigen und Leguanbeobachtung, Weihnachtspicknik, Riffschnorcheln auf Cayo Largo, Stadtbummel durch Trinidad und Fahrradtour durch Cienfuegos mit Besuch eines Eiscafés, wo wir für insgesamt 75 Cents jeder einen Eisbecher serviert bekamen.
Ganz kostenlos erlebten wir ein nächtliches Naturschauspiel: Nach Aufgang des Sternbildes Orion erschien ein "Pling-Pling-Stern". Wie ein Diamant glitzerte er in allen Regenbogenfarben am Sternenhimmel - mit bloßem Auge und auch im Fernglas. Staunen! Soetwas hatten wir alle noch nie gesehen. Offensichtlich der Sirius, dessen Licht eine besondere Brechung erhielt.
Für uns verging die Zeit viel zu schnell und wir waren ein bisschen traurig, als Uta schon Silvester wieder nach Hause fliegen musste.
Rutsch ins neue Jahr
Das taten wir - im ganz wörtlichen Sinne. Wir wollten dem Silvesterrummel von Cienfuegos entfliehen, segelten bis zum Leuchtturm auf der unbewohnten Riffinsel Cayo Guano. Mit untergehender Sonne warfen wir den Anker. Abendmenü und dann legten wir uns nieder. Plötzlich laute Windgeräusche, der Leuchturm blinkte nicht mehr vor uns , sondern hinter uns. Wind total außerhalb jeder Vorhersage.
Blick auf´s GPS: Wir rutschten. Blick auf die Uhr: Mitternacht.
Januar 2020
Nach dem Ausklarieren in Cayo Largo segelten wir etwas ruppig zu den südlich gelegenen Cayman Islands und suchten Schutz vor einem tief in der Lagune von Little Cayman: Eine Bootslänge hinter einem Riff, mit einer handbreit Wasser unterm Kiel, immerhin an einer soliden Mooring.
Der erste Landgang zum kleinen Laden, vor dem gleich mal ein Flugzeug stand, weil dort die Insellandepiste endete. Tauchressort, Inselinfo und dann ein winziges Museum. Dort nahm uns Tanja in Empfang - deutsche Biologin, die sich um Inselgeschichte und um die endemischen Laguane kümmert. Gleich vor iherer Tür tausende von Fregattvögeln und Rotfußtölpeln, die hier zum Liebeswerben und Brüten in den Bäumen sitzen.
Irgendwann entdeckten wir den ersten tapsigen Schlüpfling, der sich mit seinen roten Schwimmfüssen die ersten Festhalteversuche an einem Ast wagte.
Doch irgendwann war kein Vogel mehr unterwegs. Auch wir saßen erstarrt auf unserem Ankerplatz. ein Strumgebiet hatte sich angekündigt und hielt uns zwei Wochen in Atem. Stündlich kontrollierten wir die Mooringleinen, die wir noch verstärkt und vor Durchscheuern geschützt hatten, starrten auf das Barometer und die Wettervorhersagen. Wir konnten tagelang das Dingi nicth herunterlassen und an Land gehen. Zu stark war der Wind. Wir erlebten unseren Windrekord: 56 kn/11Bft/orkanartiger Sturm.
Ein Taucherboot beim Durchbrechen der Riffdurchfahrt - fotografiert von unserem aufregendem Ankerplatz.
Als wir dann nach Abzug des Strumtiefs nach Grand Cayman segelten, war dieses spektakuläre Foto dort allen Insulanern schon bekannt. Dort in der großen Lagune konnten wir ausruhen, bunkern, und unser Bötchen wieder auf Vordermann bringen. Wir lernten eine kleine spanisch- littauische Seglerfamilie kennen und verbrachten viel Zeit mit Rassa, Egoi und Klein-Jura. aber auch das gehört zur Seefahrt - das Abschiednehmen, auch wenn es oft nicht leicht fällt.
Mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen setzen wir Segel Richtung Guatemala.
Mitte Februar 2020
Wir lagen nun strategisch günstig wieder an der Brücke über den Fluss Rio Dulce mit einem Straßendorf, das alle Seglerwünsche erfüllt - außer Stille. Aber wir waren hierher gekommen, um EDEN neben unserer stetigen Liebe auch ganz viel Pflege angedeihen zu lassen. Das ist am wirksamsten in einer Werft. So stellte sie der Travellift der RAM-Marina an Land und gleich machten sich verschiedene Trupps an die Arbeit. Auf und unter dem Boot wurde geschliffen, gewerkelt, gestrichen, lackiert - wir konnten unsere hart arbeitenden Jungs am besten helfen, wenn wir ihnen nicht im Wege standen und sie mit kalten Getränken und frisch aufgeschnittener Melone versorgten. Wir blieben während der Werftarbeiten in der Marina Punta bonita in einem der hübschen Stelzenhäuschen unterm Blätterdach des Uferdschungels. Mit nächtlichen Ohrenbetäubenden Zirpgeräuschen, mit riesigen blauschwarzen Schmetterlingen am Mittag, mit stets hungrigen Schildkröten unter der Terrasse und mit einem starken Internet.
So errichten uns die Nachrichten Tag für Tag. Und plötzlich stand die Welt still.
Auch in Zentralamerika war die Pandemie angekommen.
Mitte März 2020
Guatemala sah sich gezwungen, Grenzen zu schließen, den Flugverkehr einzustellen, Kontakte zu beschränken. Nichts ging mehr. Also ließen wir die inzwischen fertige EDEN wieder zu Wasser, um darauf zu wohnen. Wenige Tage später erreichte uns die Ankündigung der deutschen Bundesregierung über die Rückholaktion nach Deutschland - auch Guatemala sollte dabei sein. Unglaublich, was die deutsche Botschaft geleistet hat, bis wir tatsächlich in einem eigens geschickten Flugzeug saßen, dass uns wohlbehalten nach Deutschland brachte.
Bis dahin hatten wir alle Hände voll zu tun, EDEN für unsere Abwesenheit vorzubereiten. Wieder ein Abschied von uns so lieb gewonnenen Menschen. für viele stand die Welt nicht nur still, sie brach zusammen.Werftarbeiter, Restaurantbesitzer, Obstverkäufer, Garköchinnen - sie alle konnten nicht mehr arbeiten, hatten keine Einnahmen für ihre Familien.
Sommer 2020
Während wir wohlbehalten bei unserer Familie ankamen, sollte die schwerste Hurrikansaison anbrechen. Es gab die meisten Sturmtiefs siet der Aufzeichnung und Ausläufer brachten auch nach Guatemala Katastophen.
Starke Regenfälle ließen den Rio Dulce anschwellen, die Häuser wurden geflutet, die Menschen verloren Hab und Gut. Wir waren in Gedanken bei ihnen.
Sommer 2021
Wir bekommen von unserem Marinachef regelmäßig die Nachricht, dass es unserem Bötchen gut geht.
Die französischen Segel-Nachbarin Marie schrieb: "EDEN is not happy to stay alone"
Wir wären natürlich happy, bald wieder zu ihr zu können.
Damit es wieder heißt, Leinen los und...
SAIL AWAY